Seit dem 01.04.2023 ist Cannabis kein Betäubungsmittel mehr. Patienten können sich nunmehr ein reguläres Rezept für die benötigte Arznei ausstellen lassen. Doch ein Rezept für Cannabis bedeutet nicht gleichzeitig, dass die Krankenkasse für die Arzneimittelkosten aufkommt. Für Cannabis-Verschreibungen verlangen die Kassen, dass die Patienten vorab einen Antrag auf Kostenübernahme stellen.
Seit der Gesetzesänderung in 2017 war medizinisches Cannabis als Arzneimittel auf Betäubungsmittelrezepten verfügbar. Die Arzneipflanze, sowohl in Blütenform, aber auch als Extrakte, Öle sowie in Kapselform, war bisher unter den strengen Auflagen des Betäubungsmittelgesetzes verkehrsfähig.
Welche Schritte sind nun notwendig, damit die Kosten für medizinisches Cannabis auch von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden? Im Verlauf dieses Artikels gehen wir auf die Details und Vorgaben für den Antrag auf Kostenübernahme für Cannabisblüten ein
Zunächst die einfachere, aber für den Patienten teurere Lösung: Entscheidet der Arzt, dass in einem bestimmten Patientenfall Cannabis das Arzneimittel der Wahl ist, so kann er dem Patienten ein Privatrezept ausstellen. Das ist unabhängig davon, ob der Patient privat oder gesetzlich versichert ist, da man hier von einem sogenannten Selbstzahler-Rezept spricht. Der Patient kann das Rezept dann in der Apotheke seiner Wahl einlösen und zahlt die Kosten für das Arzneimittel aus eigener Tasche. Die Verschreibung von Cannabis auf Rezept setzt das Vorliegen einer ausreichend schwerwiegenden Erkrankung voraus, mehr dazu erfahren Sie hier in unserem detailierten Blogartikel zu diesem Thema.
Info für Privatversicherte: Ob Ihr Tarif bei der privaten Krankenkasse die Kosten für medizinisches Cannabis übernimmt, sollte man im Voraus bei der Kasse erfragen, bevor eingelöste Rezepte bei der Krankenkasse eingereicht werden. Die privaten Krankenkassen entscheiden unabhängig vom Vorgehen der gesetzlichen Krankenkassen und eine Kostenübernahme hängt in vielen Fällen auch von der gewählten Tarifgruppe in der Privatversicherung ab.
Info für gesetzlich versicherte Patienten: Bevor der behandelnde Arzt ein Kassenrezept (bisher ein rosa Rezept) anstelle eines Privatrezeptes ausstellen kann, muss die Kostenübernahme bei der jeweiligen Krankenkasse beantragt werden.
Hierzu stellt der Patient einen Antrag. Wann die gesetzliche Kasse die Kosten übernimmt, welche Unterlagen dafür nötig sind und wie lange der Prozess dauert, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Wann ein Anrecht auf eine Behandlung mit Cannabinoiden, in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten, bei einer schwerwiegenden Erkrankung besteht, ist im Sozialgesetzbuch geregelt. In §31 Abs. 6 SGB V ist folgendes definiert (1):
Dies ist der Fall, wenn keine keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung steht, diese bereits ausgeschöpft wurden, oder vom behandelnden Arzt aufgrund von erwarteten Nebenwirkungen nicht angewendet werden können.
Außerdem muss durch den Einsatz der Cannabis-Therapie eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf und bzw. oder die Symptome der schwerwiegenden Erkrankung bestehen.
Damit die Kosten für medizinisches Cannabis von der gesetzlichen Krankenkasse getragen werden, muss der Patient oder sein bevollmächtigter Vertreter hierfür einen Antrag stellen.
Die Begutachtung des Antrags erfolgt dann durch die Krankenkasse bzw. des von ihr beauftragten medizinischen Dienst.
Der Medizinische Dienst Bund stellt hierfür eine Begutachtungsanleitung zur sozialmedizinischen Begutachtung von Cannabinoiden nach § 31 Abs. 6 SGB V bereit (2).
Eines der Hauptkriterien ist die Frage, ob keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung als Alternative zur Verfügung steht oder diese Optionen bereits ausgeschöpft wurden.
Um das beurteilen zu können, stellen die Krankenkassen einen Fragebogen bereit, den der behandelnde Arzt ausfüllt. Eine Vorlage für den Arztfragebogen stellt der Medizinische Bund auch auf seiner Website bereit.
Das Antragsformular zur Kostenübernahme von medizinischem Cannabis erfragt detaillierte Informationen zur Erkrankung, der vorliegenden Beschwerden und welche Maßnahmen und Medikamente bisher zum Einsatz gekommen sind.
In vielen Fällen füllt der Arzt den Antrag zusammen mit dem Patienten aus. Der Arzt unterschreibt diesen dann und der Patient bzw. sein gesetzlicher Vertreter reicht diesen im Anschluss bei der Krankenkasse ein.
Nach Eingang des Antrags bei der Krankenkasse hat diese drei Wochen Zeit den Antrag zu prüfen und dem Antragsteller eine Entscheidung mitzuteilen. In den meisten Fällen nutzt die gesetzliche Krankenkasse den zuständigen medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) für die Prüfung von Cannabis-Anträgen. Dann darf es bis zu fünf Wochen bis zur Entscheidung dauern. Falls die Fristen nicht eingehalten werden, gilt der Antrag als genehmigt.
Einen Sonderfall stellt die palliative Versorgung mit medizinischem Cannabis dar: weil hier eine schnellstmögliche Versorgung des Patienten nötig ist, hat die Krankenkasse über die Kostenübernahme innerhalb von drei Tagen zu entscheiden.
Sollte der von der Krankenkasse beauftragte Medizinische Dienst entscheiden, dass die Krankenkasse die Kosten für Cannabis für den Patienten nicht übernimmt, kann dieser Einspruch gegen den Bescheid einlegen. Die Entscheidung enthält eine schriftliche Begründung, warum die Kosten nicht übernommen werden, diese sollte der Patient in dem Einspruch adressieren. Oftmals beruht eine negative Entscheidung darauf, dass die standardmäßig zu Verfügung stehenden Maßnahmen oder Medikamente noch nicht voll ausgeschöpft sind. Hier ist es empfehlenswert, sich gegebenenfalls von seinem Arzt oder Rechtsfachkraft beraten zu lassen.
Wie bereits erwähnt, ist es dem Arzt in jedem Fall möglich, Cannabis auf einem Privatrezept zu verschreiben. Ohne eine vorliegende Genehmigung der gesetzlichen Krankenkasse ist ein Privatrezept, dass der Patienten selbst zahlt die einzige Möglichkeit.
Die gesetzliche Krankenkasse akzeptiert Rezepte zur Kostenübernahme nur dann, wenn diese vorab genehmigt wurde. Das heißt, die Apotheke, die das Rezept einlöst, kann diese auch nur beim Vorliegen einer Kopie der schriftlichen Genehmigung der Kostenübernahme bei der Krankenkasse einreichen.
Eine Ausnahme gibt es jedoch: um es insbesondere für Schmerzpatienten einfacher zu machen, an benötigte Cannabisarzneimittel zu gelangen, ohne einen mehrwöchigen Genehmigungsprozess, hat eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Schmerzen (DGS) zusammen mit der AOK Rheinland/Hamburg ein Pilotprojekt gestartet (3).
Ärzte haben im Rahmen dieses Projektes die Möglichkeit, sich speziell schulen und zertifizieren zu lassen. Bei Verordnungen über Cannabinoide durch diese geschulten Ärzte entfällt die Erfordernis eines Kostengenehmigungsantrags. Dieses Vorgehen soll sowohl den bürokratischen Aufwand mindern, sowie Patienten schnelleren Zugang zu medizinischen Cannabis ermöglichen.
Das heißt, bei einer Cannabis-Verschreibung durch einen zertifizierten Schmerztherapeuten verzichtet die gesetzliche Krankenkasse auf den vorgestellten Antrag und übernimmt die Kosten ohne Genehmigung. Zunächst wurde dieses Abkommen nur mit der AOK Rheinland/Hamburg getroffen, weitere Kassen haben aber die Möglichkeit, diesem Vertrag in Zukunft beizutreten.
Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben das Anrecht auf eine adäquate Behandlung. Cannabis kann als Arzneimittel in einigen Fällen wirksam eingesetzt und von den behandelnden Ärzten verschrieben werden.. Ob die gesetzlichen Krankenkasse die Kosten für die Behandlung jedoch übernimmt, hängt von der sozialmedizinischen Beurteilung im Rahmen der Antragsprüfung beim medizinischen Dienst der Kasse ab.